Gliggermühlen-Gebäude vor geschätzten 275 Jahren errichtet – Seit 1954 Gaststätte
„Und wenn es auch nicht wahr ist, so ist es doch gut erfunden!“ Dieser Ausspruch trifft auf das denkmalgeschützte Haus in der Altriper Ludwigstraße voll zu. Als nämlich Lydia Schneider 1954 in ihrem Elternhaus eine Gaststätte einrichtete und auf Namenssuche für das Wirtshausschild war, da brachte ihr Mann Philipp, der langjährige Pfälzerhof-Wirt „Möbbel“, aus dem Frisörsalon Wein den Namen Gliggermühle mit. Die Idee hierzu hatte die Tochter des Barbiers, die heute 92-jährige Marianne Scheuermann.
Dabei gab es in ganz Altrip nie eine Mühle. Und auch die Jahreszahl 1732", heute Grund zur Erinnerung an das vermeintlich 275 Jahre alte Gebäude, ist vom damaligen Gemeindesekretär Philipp Hilgert mangels exakter Kenntnis herausgedeutet" worden. In etwa so alt ist das Haus aber schon und viel erlebt" hat es auch. Von der dort einst untergebrachten Kohlenhandlung hatten 1923 die Separatisten mit einem der wenigen Fernsprecher über einen Sympathisanten Verstärkung angefordert, nachdem ihre Lage nahezu hoffnungslos erschien. Die Altriper wollten nämlich das Raubgesindel" am liebsten totschlagen.
Zur Kerwe 1954 sollte das Lokal im aufwändig umgebauten Fachwerkhaus eröffnet werden. Der Jahrhundertorkan", der am 6. August 1954 über Altrip tobte, verhinderte dies jedoch. Den Anbau mit einer Kegelbahn hatte es regelrecht verhagelt und auch sonst waren die Schäden so groß, dass die Eröffnung noch Monate auf sich warten ließ.
Am 11. Dezember 1954 war es dann soweit. Landrat Kurt Becker-Marx unterzeichnete die „Befugnis zum Ausschank von Bier, Wein, Branntwein und alkoholfreien Getränken", wobei er anordnete, die Gastzimmer mit Einrichtung, den Hof und die zwei Herren- und Damenaborte rein zu halten sowie Lebens- und Genussmittel peinlichst vor Verunreinigung zu schützen.
Genau 30 Jahre später, das Gebäude hatte mittlerweile ein Altriper Bauunternehmer gekauft, pachteten die Französin Bérengère Knapp und der Italiener Antonio Fiorentini die Gliggermühle und fügten im Schild später noch ,,Al Mulino" hinzu. Seither sind über 22 Jahre vergangen und die beiden stehen noch immer in der Küche und hinter der Theke. Für Altriper Verhältnisse ist eine solch lange Zeitdauer ein Rekord.
Als Zeugnis künstlerischen und handwerklichen Schaffens der Vergangenheit" und als ein „städtebaulich für Altrip bedeutsames Haus" hat die Kreisverwaltung als Untere Denkmalschutzbehörde das Anwesen in das Denkmalbuch des Landkreises aufgenommen.
1986 wurde das Gebäude unter fachmännischer Beratung des Landesdenkmalamtes komplett renoviert. Dies war nötig, weil das Haus teilweise einzustürzen drohte. Und so blieb die nach Norden weisende, symmetrisch aufgeteilte Fassade mit ihren lädenbewährten Fensterchen und dem gebogenen Andreaskreuz der Nachwelt erhalten.
Zusammen mit dem ebenfalls denkmalgeschützten Nachbar-Fachwerkhaus sowie dem romanischen Kirchturm und dem Reginodenkmal ist das Anwesen ein echter Blickfang. Es steht zudem sehr nahe am früheren Römerkastell Alta Ripa und in absehbarer Zeit wird in unmittelbarem Umkreis gar ein Torso einer römischen Jupitergigantensäule zu bestaunen sein.
Sehenswert ist auch das Ambiente des Lokals und seine umfangreiche Speisekarte. Ein Nebenzimmer mit Kamin kann variabel für 18 bis 40 Gäste gerichtet werden. Der eigentliche Gastraum bietet Platz für 40 Gäste, ebenso wie der Biergarten. Eine Kegelbahn gibt es zwar nicht mehr, dafür aber ein paar Parkplätze vor dem Haus.
INFO - Die „Gliggermühle" ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag ab 18 Uhr. An Sonn- und Feiertagen zusätzlich von 11.30 bis 14 Uhr. Montags ist geschlossen.