Dieter Adler: „Von Altrip darf man in der Zukunft einiges erwarten!“

Am 12. Juli 1970 stand die von Hermann Jöckel trainierte A-Jugend Mannschaft des TuS Altrip im Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft der A-Junioren 1969/70. Sie finden auf dieser Seite einen Filmbeitrag des WDR Fernsehen mit Reporter Dieter Adler sowie einen Artikel des Kicker Sportmagazin über das Endrundenturnier am 11. und 12. Juli 1970 in Bochum.


Der Filmbeitrag des WDR Fernsehen mit Reporter Dieter Adler
stammt vom YouTube-Kanal des F.C. Hertha 03 Zehlendorf e.V.


 

„Dorfwunder“ gebremst!

Werner Schilling: Altrip führte im Finale bereits 2:0 – doch Hertha Zehlendorf siegte noch 3:2!

BOCHUM – Mit einem Riesenknall endete das Schlußturnier um die 2. Deutsche Jugendfußballmeisterschaft. Nicht der Titelverteidiger und Gastgeber, VIL Bochum 48, nicht die „Jugendprofis“ aus Altrip, nicht der Bundesliganachwuchs aus Frankfurt – sondern der Außenseiter aus Berlin schaffte es!

Kuriosum in der deutschen Fußballgeschichte: die Zehlendorfer sind nicht einmal Vertreter der 1. Jugendfußballklasse. Vor zwei Jahren stiegen sie aus der Leistungsklasse ab und errangen als Südkreismeister die Endrunde nur durch den Besten des Berliner Nordens und über Wacker 04 als den Vertreter eben jener Sonderliga, in die Zehlendorf durch den Gruppensieg nach zweijähriger Abwesenheit jetzt erst wieder aufgestiegen ist.

Zugleich hat sich damit zum zweiten Male nach dem SC Tegel, der 1961 die Deutsche Amateurmeistersehalt gesichert hatte, zum zweiten Male nach dem Kriege eine Mannschaft von der Spree einen DFB-Titel geholt.

Zehlendorf hat sich zu Recht mit der Palme schmücken können, jubelte ein Berliner Funktionär: „Unser Weg war richtig. Wir haben seit 15 Jahren alles in die Jugend gesteckt, sind sechsmal mit der A 1-Mannschaft Berliner Titelträger geworden und haben insgesamt 33 Meisterschaften im VBB geholt. 500 Jugendliche betreuen wir. Ich glaube, mit Recht Sagen zu können. soviel hat mit der Jugend kein anderer Berliner Verein aufzuweisen.“

Mit Freude konnte auch der frühere Bundesligatrainer Schulte. der seit Jahren die Zehlendorfer Vertragsspieler betreut, den Erfolg der Jungen beobachten. Es stand vor den Endspielen fest, daß vier künftig in die Vertragsspielermannschaft eingebaut werden: Stolzenburg, Pfisterer, Hanisch und Rieger, „zu denen wir nach der heutigen Leistung auch Hochheimer zurechnen können“.

Nach dem Glücklichen sei aber auch von den Pechvögeln des Turniers die Rede. Zunächst von der Frankfurter Eintracht. Sie hat in diesem Jahr kein einziges Meisterschaftsspiel verloren. Sie ist Südmeister ohne Gegentor geworden, sie nahm auch gegen den späteren deutschen Meister keinen Treffer hin. Als es nach Verlängerung am Samstag immer noch torlos stand. mußte das Los entscheiden. Im nächsten Jahr könnte das nicht mehr passieren, denn am Abend vorher hatte der DFB-Jugendausschuß endgültig beschlossen, daß er sich ab 1971 der FIFA-Regelung angleicht und durch Elfmeterschießen entscheiden läßt.

Die von „Stift“ Höfer trainierten Frankfurter Jungs Turnier ohne ihren einzigen DFB-Repräsentanten, den verletzten Paul-Werner Hofmann, beginnen müssen. Sie legten gegen Zehlendorf dennoch wie die Feuerwehr los und hätten eigentlich mindestens zwei Tore erzielen können, ehe sie ein Opfer der einschläfernden Taktik der Berliner wurden.

Im Spiel um Platz 3 stellte sich gegen den entthronten Titelverteidiger Bochum endlich das ein, was man tags vorher schmerzlich vermißt hatte: Tore! Bundestrainer Helmut Schön war entzückt: „Am Endspieltag die beste Mannschaft.“

Im „vorweggenommenen Endspiel“ am Samstag hatten Bochum und Altrip alles gegeben. Schalkes Vorsitzender Günter Siebert mußte mit ansehen, wie sein künftiger Lizenzspieler Pfeiffer, eine Woche vorher noch mit fünf Toten am 6:2-Sieg der Altriper über Concordia Hamburg beteiligt, vom Bochumer Vorstopper Bruck total entzaubert wurde.

Die Altriper fühlten sich so sicher, daß sie glaubten, im Endspiel auf die Neuerwerbung Gohlke verzichten zu können. Sie gaben aus Dankbarkeit Scherreik eine Chance, der das ganze Jahr über im Tor gestanden hatte. Und das sollte sich verhängnisvoll auswirken.

Es war ungefähr eine halbe Stunde lang überhaupt nicht daran zu denken, daß der Meister anders heißen konnte als Altrip, obwohl auch diesmal Pfeiffer bei Rieger bestens aufgehoben war. Aber ein verhängnisvoller Torwartfehler – Scherreik hatte eine Rückgabe von Katzl regelrecht verschlafen, brachte die Jungen von der Spree heran. Obwohl sie vom Vortag die Verlängerung in den Knochen hatten, gehörte ihnen die zweite Halbzeit.

Streng genommen verlor Altrip aber durch drei Abwehrfehler. Vor dem Ausgleich war Stolzenburg, obwohl zu dem Zeitpunkt längst als der gefährlichste Berliner Stürmer erkannt, mindestens eine halbe Stunde lang völlig ungedeckt gewesen, und kurz vor dem Schlußpfiff passierte Klüh ein besonders bitterer Schnitzer: Statt mit der Stirn köpfte er mit dem Hinterkopf, damit den Ball nach hinten und dem heranstürmenden Kunert direkt vor die Füße. Die Berliner zeigten sich als wahre Sportsleute, als sie trotz aller verständlichen Siegesfreude ihren Gegner nicht vergaßen und zu trösten suchten, so gut es ging.

Stimmen

  • Bundestrainer Helmut Schön: „Erfreuliche Leistungen. Die Altriper Jungen haben erkennen lassen, daß heutzutage ein Spiel mit 2:0 nicht unbedingt gewonnen ist.“
  • Professor Dr. Karl Zimmermann, Vorsitzender des DFB-Jugendausschusses und der Juniorenkommision in der Europäischen Fußballunion bemerkte bei der Siegerehrung vor der Tribüne: dieses Endturnier habe gegenüber dem Vorjahr eine spürbare Steigerung gezeigt. „Es waren durchweg sehr gute Spiele und offensiver Fußball.“ 
     

Halbfinale 
 

Hertha Zehlendorf – Eintracht Frankfurt 0:0 n. V. 
Sieger durch los: Hertha Zehlendorf

Hertha Zehlendorf: Hartfiel, Ludwig, Winkler, Hochheimer, Kullak, Hanisch, Bertz, Boenke, Stolzenburg, Pfisterer, Rieger.

Eintracht Frankfurt: Rudolf, Zorn, Reinhardt, Todt, Rauch, Schiewitz, Schleiter, Stengel, Geibel (46. Gebert), Möller, Dietzel.

SR: Redelfs (Hannover).

 

VfL Bochum – TuS Altrip 0:1 (0:0)

VfL Bochum: Pohlfuß, Strehlke, Behrens, Bruck, Klemm, Böttner, Kerkemeier, Böckmann (60. Riebe), Köper, Egger (70. Dorgel), Etterich.

TuS Altrip: Gohlke, Stein, Winterkorn, Kaltz , Klüh, Rösel, Remilius (46. Keller), Vanselow, Pfeiffer Bayer, Böhm.

Tor: 0:1 Vanselow (47.)

SR: Fork (Unna)

 

Zuschauer: Bei beiden Spielen ca. 8000.

 

Spiel um Platz 3

VfL Bochum – Eintracht Frankturt 1:6 (1:2)

VfL Bochum: Pohlfuß, Strehlke, Behrens, Bruck, Klemm, Böttner, Kerkemeier (46. Dorgel), Böckmann (46. Riebe), Köper, Eggert, Etterich,

Eintracht Frankfurt: Rudolf, Zorn, Reinhardt, Todt, Rauch, Schiewitz, Schleiter, Stengel, Geibel, Möller, Kraus.

Tore: 0:1 Schleiter (12.), 0:2 Schleiter (34.), 1:2 Köper (42.), 1:3 Kraus (53.), 1:4 Geibel (55.), 1:5 Schleiter (56.), 1:6 Möller (70.).

SR: Wöbker (Osnabrück).

 

Finale

Hertha Zehlendorf – TuS Altrip 3:2 (1:2)

Hertha Zehlendorf: Hartfiel, Ludwig, Rieger, Hochheimer, Kullak (69. Biermann), Hanisch, Bertz (55. Boenke), Winker, Stolzenburg, Pfisterer, Kunert.

TuS Altrip: Scherreik (46. Gohlke), Stein, Winterkorn, Kaltz , Klüh, Remilius, Rösel, Bayer, Vanselow, Pfeiffer, Böhm (58. Karli Keller).

Tore: 0:1 Böhm (7.), 0:2 Böhm (19.), 1:2 Kunert (24.), 2:2 Stolzenburg (43.), 3:2 Kunert (78.).

SR: Dr, Siepe (Bergheim).

 

Zuschauer: Bei beiden Spielen: 7000.

 
(Quelle: Kicker Sportmagazin, Juli 1970)

Siehe auch:

Wir benutzen Cookies
Diese Website nutzt Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzererfahrung auf unserer Website bieten zu können.