Das Denkmal für den „Pfalzbefreier“ Franz Hellinger, das einstmals in Altrip errichtet wurde, sollte keines für die Ewigkeit sein. Es ist weg, und heute erinnert nichts mehr daran. Nicht einmal im Archiv der Gemeinde gibt es Hinweise darauf. Doch 2014 ist eine Postkarte aufgetaucht, die eben dieses steinerne Zeugnis abbildet. Gleichzeitig kommen Erinnerungen hoch: an eine Zeit, in der nichts so blieb, wie es war. Und in der einiges verschwand.
Die alte Ordnung stürzte und mit ihr verschwanden die Insignien des zerfallenen Reiches. So verschwand in Altrip bereits das Schild „Horst-Wessel-Platz“, das an den SA-Sturmführer erinnerte, noch ehe die von Rheingönheim mit Spähwagen, Panzern und Infanterie anrückende US-Einheit am Vormittag des 24. März 1945 die Rheingemeinde erreichte. Kein einziger Schuss fiel. Die „Amis“ sahen weder Hakenkreuzfahnen noch „weiße Fahnen“. Am Nachmittag gab es dann zwar noch drei Tote unter der Zivilbevölkerung durch deutschen Flak-Beschuss. Doch dann war der Krieg für die Altriper zu Ende.
Als das Rathaus besetzt wurde, waren bereits alle parteiamtlichen Schilder verschwunden und viele NSDAP-Akten in den Rhein gestürzt, vergraben oder mit Jauche überschüttet worden. Der von den Alliierten eingesetzte achtköpfige Beirat, der den Gemeinderat ersetzte, beschloss schließlich noch, etliche Straßen umzubenennen. So verschwand zum Beispiel die General-Hartmann-Straße. Auch Wiesmann- sowie Hellinger-Straße verschwanden – Straßen, die vor 1939 nach den sogenannten „Pfalzbefreiern“ benannt wurden.
Die Pfalzbefreier waren ein etwa 20-köpfiges Kommando radikaler Patrioten, das am 9. Januar 1924 einen Mordanschlag auf den Separatistenführer und Präsidenten der Autonomen Pfalz, den Heinz Orbis genannten Franz Josef Heinz, verübten. Franz Hellinger kam dabei ums Leben. Ebenso sein Mitkämpfer Franz Wiesmann.
Letzterer schleppte sich mit einem Lungenschuss getroffen noch in ein Krankenhaus. Später wurde er von Freunden ins unbesetzte Reich über den Rhein gebracht und in Schönbrunn im Spessart beigesetzt. Dort erhielt er auf dem Friedhof ein Denkmal, und die Hauptstraße wurde nach ihm benannt.
In Altrip wurde das Reichsarbeitsdienstlager im Oktober 1935 zu einer Vollabteilung in einem „Reichsholzhauslager“ und bekam den Ehrennamen „Franz Hellinger“. Ein Denkmal wurde vermutlich im selben Jahr errichtet. Dass in der Rheingemeinde gleich mehrfach an die „Pfalzbefreier“ gedacht wurde, hatte seinen Grund: 1923 war der Ort von den Separatisten besetzt, die Bevölkerung wurde drangsaliert und acht Männer wurden verschleppt und misshandelt.
Doch heute gibt es in Altrip keinerlei Erinnerungen mehr an das Franz-Hellinger-Denkmal. Und weder im Archiv der Gemeinde noch im Landesarchiv Speyer gibt es irgendwelche Hinweise darauf. Es gibt nur wenige Erzählungen. So soll der mittlerweile verstorbene Arbeitsdienstmann Anton Scherer, der während seines „halbjährigen Dienstes des Spatens und der Ehre“ die Altriperin Sophie Baumann heiratete und im Dorf „hängen“ blieb, öfters von dem Denkmal berichtet haben.
Und ebenso die 1914 geborene Johanna Reichert, ihren Erinnerungen zufolge war sie öfters an den „Eintopfsonntagen“ in der Arbeitsdienstkantine am Hellinger-Denkmal vorbeigekommen. Wann aber das Denkmal abgebaut wurde, ist unbekannt. Ob schon im Oktober 1942, als per Vertrag die leer gewordenen Baracken des Lagers in das Eigentum der Stadt Ludwigshafen übergingen, um dort Ausgebombte unterzubringen, oder erst 1945, zusammen mit den Straßenumbenennungen, bleibt ein Rätsel.
Obwohl es auf dem Speyerer Friedhof weiterhin ein großes Denkmal für Wiesmann und Hellinger gibt, hatte man wohl in Altrip Angst, es zu belassen, da die Namensgebung während des Dritten Reiches erfolgte, der getötete Separatist Heinz von Frankreich unterstützt wurde und weil man in Altriper NS-Kreisen stolz gewesen war, dass Hitler 1932 persönlich eine SS-Standarte Hellinger widmete.
Nun ist bei einem Sammler eine Ansichtskarte aufgetaucht, auf der das Denkmal zu sehen ist. Die Erzählungen von Scherer und Reichert, die eher zu einer Legendenbildung beigetragen hatten, zeigen nun einen realen Geschichtsbezug.