Badeordnung der Maxschule regelt Körperpflege

Im Jahre 1926 brach in Altrip eine saubere Zeit an. In Anwesenheit von Vertretern der Bezirksschulbehörde, der Gemeinderäte und der Lehrerschaft wurde Ende Februar 1926 im Keller der Maxschule ein Schul-Brausebad eingeweiht. Dies war damals eine höchst hygienische und zugleich soziale Einrichtung, denn in einem Dorf ohne Kanalisation gab es Bäder oder Brausen in Privathäusern so gut wie überhaupt nicht. Für die tägliche Körperpflege genügte eine Schüssel, und manch ein Zeitgenosse stieg nur nach Monaten in einen Zuber oder eine „Brenk”.

Die Maxschule in Altrip Mitte der 1920er JahreDie Maxschule in Altrip Mitte der 1920er JahreWie es sich für eine Gemeindeeinrichtung gehörte, so gab es auch eine Badeordnung mit höchst strengen Regeln, bei der gar der kleine Unterschied zwischen Mädchen und Knaben festgeschrieben wurde. Knaben mussten sich in drei Minuten aus- und in sieben Minuten anziehen. Mädchen bekamen beim Auskleiden zwei Minuten mehr und beim Anziehen gar drei Minuten mehr zugebilligt. Für die Zeit unter der Brause wurde den Schulkindern beiderlei Geschlechts immerhin ganze fünf Minuten gewährt. Dabei fehlte freilich nicht der Hinweis, dass davon vier Minuten zum Einseifen, Waschen und Abspülen diene und eine Minute zur allmählichen Abkühlung der Brause. Der Beginn des warmen und kalten Abbrausens wurde durch den Befehl „Achtung!” angekündigt. Zum Abtrocknen gab es einheitlich fünf Minuten.

Wer heutzutage die fröhlichen Wasserratten unter der Dusche sieht, kann sich kaum vorstellen, dass auch noch Badewäsche für das Schulbrausebad vorgeschrieben war. So mussten Mädchen bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr ein durchlässiges Röckchen, das von der Hüfte bis gegen das Knie reichte, oder eine Badehose anhaben; ältere Mädchen ein Badehemd und natürlich eine wasserdichte Kopfbedeckung. Den Mädchen war erlaubt, einen „Kamm zum persönlichen Gebrauch” mitzubringen. In den unteren Klassen fielen jedoch bald die Hüllen – wegen dem „nassen Zeug”.

Die Mädchengruppen wurden von einer Bademeisterin beaufsichtigt, für die die Gemeinde laut Badeordnung eine unbescholtene Frau anzustellen hatte. Die Badebedienerin, so die Ordnungsregel, hatte den Kindern beim Aus- und Ankleiden zu helfen, ohne dabei zudringlich zu sein. Die Kinder wurden „geordnet” einmal in der Woche während der Lese-, Schönschreib-, Turn- oder Handarbeitsstunden in den Baderaum geführt und nach exakt 20 beziehungsweise 25 Minuten wieder in den Lehrsaal zurückgeleitet. „Brausen” durften übrigens erst Kinder ab der dritten Klasse.

Die Badeanstalt diente fortan auch der erwachsenen Bevölkerung des Dorfes zur Reinlichkeit. Hier hatten es die Männer wiederum besser: Sie durften donnerstags und samstags von 14 bis 20 Uhr ein Wannen- oder ein Brausebad nehmen und gar noch sonntags von 7 bis 11 Uhr. Frauen dagegen mussten sich mit den Badetagen am Mittwoch und Freitag begnügen. Als Bademeister sind der Schuldiener Franz Schneider und der berühmte „Kunneddl” Baumann sowie Philipp Scheffel und als erste Badebedienerin Elise Schneider noch vielen Altbürgern von Altrip in guter Erinnerung.

(Wolfgang Schneider | März 2001)
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