Die strenge Kälte hatte den alten Vater Rhein in die Knie gezwungen und ihn mit einer dicken Eisschicht bedeckt. Ein Augenzeuge berichtet uns hierzu am 20. Februar 1929 im Altriper Lokalanzeiger:
Ein sonderbarer Anblick wird geboten, wenn wir dem Ufer zutreten. Eine ungeheuere Eiswüste, deren Anblick uns unwillkürlich einen Moment still stehen lässt. Tot, zu Eis erstarrt, liegt er vor uns, der, auf dem noch vor kurzem reges Leben herrschte. Am Donnerstag bewegten sich die Eisschollen noch träge rheinabwärts, um gegen Abend vollkommen stillzustehen.
Es ging also schnell, so furchtbar schnell, noch am Vormittag stand die Landungsbrücke der Rheinfähre im Trockenen, um einige Stunden später von der Wucht des Eises und des sich stauenden Wassers abgedrückt zu werden.
Die Eismassen waren also kaum zum Stillstand gekommen und schon wagten sich am frühen Morgen des 15. Februars 1929 die ersten Waghalsigen auf die Eisschollen. Gegen Mittag aber wimmelte es geradezu von Neugierigen auf dem Rhein.
Steht man erst mitten drin in dem Chaos von Eisschollen, die sich stellenweise über einen Meter auftürmten, dann kann man sich nicht mehr losreißen von dem großartigen Anblick, den der unerbittliche Winter hervorzauberte. Besonders die Langschläfer, welche immer auf die Fähre springen mussten, hatten nun einen beachtlichen Vorteil."
Am Sonntag, den 17.2.29, begrüßten sich die Dorfbewohner mit: "Warst du schon am Rhein?" Betrieb herrschte wie zur Badezeit. Viele Fremde kamen nach Altrip. Auch die Geschäftswelt wusste sich die Situation zunutze zu machen: Wurstkessel waren aufgestellt und die warmen Würstchen sowie die heißen Getränke fanden reißenden Absatz. Kein Wunder bei der Kälte.
Sogar den Haustieren setzte der Winter schon zu. Eine Ziege war bereits im Stall erfroren. Photografen waren besorgt, dieses Schauspiel für die Nachwelt zu erhalten. "Geknipst" wurde an jenem Sonntag soviel wie noch nie zuvor im Ort. Die Angehörigen und Freunde der "Knipser" suchten sich zumeist die größten Schollenberge aus. Auch die alten Leute des Ortes begannen nun wieder aus ihrem Erfahrungsschatz zu sprechen: von den Jahren 1892/93, als der Rhein ebenfalls zugefroren war.
Ein Einzelner wagte sich sogar täglich zu baden. Dazu war es noch ein Schneider R. aus Lindenhof. Mit Gewalt machte er sich ein Bassin zurecht. Auf ihn fand der sprichwörtliche Ausdruck: "Er friert wie ein Schneider" wohl keine Anwendung. Viele Altriper waren sonntags Zeugen beim Bad des sonderbaren Heiligen. Unbekümmert der staunenden Menge vollbrachte er wieder und wieder seine Prozedur.