Fährt man von Rheingönheim kommend auf der Kreisstraße nach Altrip, so sieht man schon vor der ehemaligen Kiesverladestelle der Firma Kief rechts die helle Wasserfläche des Neuhofener Altrheins herüberblinken. Sofern nicht durch Gehölz verdeckt, begleitet den Fahrer nunmehr dieses helle Band bis kurz vor die Abzweigung zum Strandhotel Darstein. Hat man die Fahrt in den ersten Januartagen gemacht, verlängerte sich das glitzernde Begleitband infolge Druckwasser im alten Rheinbett bis kurz vor die Straßenabzweigung nach Waldsee. Biegt man in diese Abzweigung ein, dann sieht man hinter der Gewanne "Äußerer Wörth" ein ebenfalls altes Flussbett, das bis zum "Sandzug" noch deutlich erkennbar ist, obwohl es durch Auffüllungen kein Wasser mehr führt. Der alte Gewannenamen "Krappen" weist aber noch auf die ursprüngliche Situation hin. Fährt man nun diese Straße weiter bis zur südlich aus Waldsee kommenden Zufahrt nach Altrip, dann überfährt man einen weiteren alten Rheinarm, der sich hinter der Gewanne "Dudelsack" und dem "Riedhof" hinzieht und die südliche Verbindung zwischen "Horrengraben" und "Neuhofener Altrhein - Füllenweide" dargestellt hat. Nach der Trockenlegung und Urbarmachung wurde das nunmehr landschaftlich nutzbare Gelände "Saustall" genannt, weil das Hofgut Baumann einen Teil der Geländefläche auf Freilauf zur Schweinezucht benutzt hat.
Ohne große Anstrengungen erkennt man heute noch, dass Altrip nur über eine oder zwei Landstellen zugänglich war und sich inmitten einer Art Binnendelta befand mit einer fast insularen Lage.
Was lag für die bestimmt auch damals schon sehr findigen Altriper näher, als diese Lage bestmöglich zu nutzen und sich dem Urberuf der Fischerei zuzuwenden.
Die Fischerei in der römischen Zeit lässt sich zwar nicht belegen, es darf wohl aber angenommen werden, dass bereits die ersten Anwohner des um das Jahr 369 erbauten Kastells sich als Fischer betätigten und ihren Speisezettel mit dem in Mengen vorkommenden Edelfischen anreicherten, boten doch die verschlungenen Arme des unregulierten Rheinstromes ideale Stand- und Laichplätze für eine ganze Reihe von Fischarten wie Aal, Karpfen, Zander, Schleie, Barbe, Hecht, Barsch, Nase, Rotfeder, Rotaugen, Brassen (Brässem in Altrip), Salm, Karausche etc. Der Verfasser dieser Zeilen kann sich noch genau erinnern, dass im Jahre 1942 eine der letzten Salme im Rhein bei Altrip gefangen wurde. Als jüngster inaktiver Teilnehmer des Fischzuges zwischen Pegel und Fähranlegestelle durfte er denselben sogar allein verzehren.
(Es handelt sich um die persönlichen Erfahrungen, die der Verfasser als Heranwachsender in den ausgehenden 30er Jahren bis 1942 machte)
Das Fischen mit Netzen war eine Familienangelegenheit und eine an Körperkräfte und Gesundheit höchste Ansprüche stellende Beschäftigung. Wurde doch auch im Winter bis kurz vor dem Zufrieren des träge fließenden Rheinstromes oder Altwassers bzw. Seitenarmes gefischt. Eine sogenannte Fischer-Partie bestand mindestens aus vier bis fünf Mann, je nachdem, ob im Rheinstrom oder im Altrhein ein Zug (ein Fischzug) geplant war.
Was waren die Werkzeuge?
Das Hauptutensil war der Fischernachen, ein flach im Wasser liegender ca. 1 m breiter Kahn, der durch Pritschen über den Spanten eine Art doppelten Boden hatte, so dass mit trockenen Füßen im Nachen ein relativ gutes und sicheres Stehen oder Sitzen möglich war. Bug und Heck liefen etwa 30 bis 40 cm über die normale Bordwandhöhe (ca. 55 cm) auf eine Breite von ca. 30 cm zu. Im Vorderteil war ein Ring angebracht, durch den die Nachenkette lief, wenn der Nachen nach getaner Arbeit an einer bestimmten Stelle, meistens vor der "Garnhenk" verankert wurde. Am gleichen "Depper" war auch das Fischfass verankert, in dem der Fang lebend bis zum Verkauf aufbewahrt wurde. Um den Nachen zu bewegen, waren Riemen, die im Dollen lagen, notwendig sowie zwei Sitzbänke kurz vor den an der seitlichen Bordwand angebrachten Dollen. Gesteuert wurde der Nachen von einer kleineren Sitzbank aus im hinteren Nachenteil mit einem Stechruder. Mit der richtigen Technik war mit dem Stechruder auch das Vorwärtsfahren möglich.
Ein weiteres wichtiges Handwerkszeug war das Netz. Im 20. Jahrhundert wohl immer von der Fabrik vorgestrickt. Es musste jedoch zum Gebrauch "angestellt" werden. Die Netze hatten einen Tiefgang von ca. 2,50 - 3,00 m. Unter "Anstellen" verstand man die Komplettierung mit dem unteren und oberen Zugseil. Das untere Seil wurde per Hand angestrickt und im Abstand von ca. 50 - 70 cm mit Bleihülsen ummantelt, damit es auch zu Boden sank. Das obere Seil wurde ebenfalls per Hand aufgestellt, aber erhielt anstelle von Bleihülsen im Abstand von ca. 20 - 30 cm jeweils ein Korkstück, das "Flier" genannt wurde, eingestrickt. Diese Korkstücke trugen das Netz, auch wenn die Netzunterseite mal nicht auf dem Boden lag. Je nachdem, wo gerade ein Zug gemacht werden musste, wurde das benötigte Gesamtnetz durch Zusammensetzen einzelner Teilstücke, sogenannten "Sägen", auf die erforderliche Länge gebracht. Wurden die Netze nicht gebraucht, hingen sie auf der "Garnhenk" zum Trocknen und Ausbessern. War ein Zug geplant, dann waren im Fischerhaus noch einige Vorbereitungen am Tage zuvor zu treffen, denn meistens begann der Tag zwischen 3.00 und 4.00 Uhr in der Früh. Es mussten die ledernen Wasserstiefel mit Fett eingerieben werden, um die Dichtheit zu gewährleisten. Die "Strohbaichtel" wurden gewunden, die dazu dienten, den in den Stiefeln befindlichen Hohlraum leicht und isolierend auszufüllen. Die Stiefel waren schwer, da die Schäfte in jedem Falle bis an den Beinansatz reichen mussten. Auch mussten zwei bis drei "Hamen" bereit gestellt sein. Diese dienten zum Sortieren der Fische oder auch zum Fangen, wenn das Netz zu war. Mit dem "Niersch", eine aus Holz geschnitzte Schaufel, ähnlich der Mehlschaufel der Bäcker, wurde das im Nachen befindliche Wasser ausgeschöpft. Der "Schallbaam", eine lange Stange, ca. 3 - 4 m, aus Eschenholz mit einem in V-Form aufgeschnittenen Eisenstück am unteren Ende, die vor allem während des Zuges benutzt wurde, wenn das angelegte Netz zusammengezogen wurde und von der Wasserseite her von dem Nachen aus gehoben oder gesichert werden musste. Der Nachen konnte im Altrhein mit dem "Schallbaam" viel schneller und direkter zu dem erforderlichen Punkt gebracht werden als mit dem Stechruder. Die Fischwaage und einige Netzsäcke komplettierten die vom Fischerhaus ans Wasser gebrachten Utensilien.