Als 17-Jähriger spielte Michael Konrad Marx in der sogenannten Goggelkapelle die Geige und verdiente sich ein paar Mark, um seine Mutter, die kurz vor seiner Geburt Kriegerwitwe wurde, zu entlasten. Er liebte Jazz, geigte zur Tanzmusik und wirkte auch bei vielen Konzerten, etwa der „Sänger-Einheit“ und in Laienspieltheatern, mit. Im „Dichter und Bauer“ war er Schlagzeuger. Durch den Besuch der Oberrealschule in Mannheim, was zu jener Zeit für einen Altriper eine Ausnahme war, schuf er sich die Grundlage für eine Verwaltungslaufbahn und seine Karriere in der Altriper Kommunalpolitik. Leider konnte seine Mutter das nicht miterleben, da sie beim großen Fliegerangriff auf Altrip am 30. Dezember 1944 ums Leben kam.
1960 wurde der Sozialdemokrat, der als „Marxe-Michel“ bekannt war, Erster Beigeordneter, sieben Jahre später für zwölf Jahre hauptamtlicher Bürgermeister der Rheingemeinde. Mit 50 Jahren hatte er erreicht, wovon er als Junge nicht einmal zu träumen wagte. Aber nicht die Anstrengungen in Sachen Straßen- und Kanalbau hält er für seine größten Erfolge, sondern vor allem den Bau der Albert-Schweitzer-Schule mit einer großen Turnhalle, die er an seinem 55. Geburtstag einweihte. Die Grundsteinlegung für ein Jugend- und Vereinszentrum konnte er noch in seiner Amtszeit vornehmen.
Ganz besonders stolz ist Marx, dass ihn bei einer „Volksabstimmung“ 1970 über 90 Prozent der Altriper im erfolgreichen Kampf gegen eine Eingemeindung nach Ludwigshafen unterstützten und es ihm auch gelang, eine Kiesausbeute im Bereich der schützenswerten Rheinaue auf der „Horreninsel“ zu verhindern. Er führte am Dienstag nach dem Altriper Fischerfest eine „Nachfeier für Senioren“ ein und konnte vor 25 Jahren gar mit rund 5000 Senioren die größte Veranstaltung ihrer Art in der ganzen Pfalz verbuchen.
Viele der hoch gesteckten Ziele konnte Marx, der am Sonntag, dem 29. September 2002, 85. Geburtstag feiert, beim Stabwechsel an Willi Kotter 1979 abhaken. Mit etwas Wehmut erfüllt ihn allerdings, dass die von ihm eingefädelte Partnerschaft zu Altrippe „eingeschlafen“ ist. Marx, der lange Zeit bei der Steuer- und Gemeinde-Einnehmerei Limburgerhof arbeitete, war auch ein guter Rechner. Folgerichtig verkaufte er daher das gemeindliche E-Werk an die Pfalzwerke, wobei er zwei Millionen Mark dort beließ und dafür mehr Geld an Zinsen und Konzessionsabgabe für die Gemeinde erhielt, als sie je selbst hätte erwirtschaften können. Mit dem Anschluss der Hauptschule und des Abwassernetzes an Ludwigshafen sparte er der Gemeinde Millionen. Zufrieden meint er denn auch: „Ich habe bei meinem Ausscheiden aus dem Amt ein wohl bestelltes Haus hinterlassen.“
Sein Heim ist ein „Haus der Erinnerungen“, angefüllt mit vielen Bildern von Altrip, alten Stichen, Medaillen und Pokalen. In einer sorgsam geführten Registratur bewahrt er die Zeitungsausschnitte und Fotos aus seiner „aktiven“ Zeit auf. In ein paar Jahren, meint der ehemalige Ortschef, will er seine Lebenserinnerungen schreiben. Und dafür will er sich viel Zeit nehmen. Und alt werden will er, meint er. Er will eigentlich noch so viel. Dabei schaute es vor anderthalb Jahren ganz trübe aus. Damals verlor er seine geliebte „Trudel“. 67 Jahre waren beide zusammen. Die Ehe blieb leider kinderlos. Längere Zeit mied er die Stätten gemeinsamer Erinnerungen, etwa bestimmte Lokale, wo sie ihren Stammplatz hatten. Doch mittlerweile ist sein Blick wieder nach vorne gerichtet. Allwöchentlich geht er zum Schachspielen, er nimmt auch an Verbandsspielen und Turnieren teil, abends sitzt er vor seinem Schachcomputer. Seit seiner Entlassung aus französischer Kriegsgefangenschaft, das ist immerhin schon 55 Jahre her, ist er passionierter Schachspieler. Und mindestens einmal in der Woche fährt er mit dem Auto Richtung Weinstraße zum Essen. Auch auf das Fahrrad setzt er sich noch gerne.
Wenn der 1. FC Kaiserslautern spielt, da „bobbert“ sein Herz mit und natürlich, wenn der TuS Altrip antritt. Viele Jahre war er Vorsitzender des Turn- und Sportvereins. Das prägt. Überhaupt ist der „Marxe-Michel“ in vielen Vereinen förderndes Mitglied. Was im Dorf oder in der großen Politik vor sich geht, das verfolgt er höchst interessiert. Völlig unverständlich findet er den Bau eines Polders bei Altrip. Der Altbürgermeister hat, so lässt er wissen, bereits zwei große Koffer gepackt. „Und wenn es einmal ernst wird, gehts ab in Richtung Neustadt.“ Sogar mit einem Appartement in sicherer Entfernung einer möglichen Überschwemmung hat er schon geliebäugelt. Ob er deshalb so eifrig allwöchentlich Lotto spielt?