Verzicht auf die Erhebung von Überfahrtsgebühren

Im Jahr 1262 ist der Altriper Fährbetrieb zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden. Als Zeugen treten auf einem Dokument vier Edelmänner auf. Mithilfe einer Bibliothekarin konnte geklärt werden, wer genau diese „getreuen und verehrten“ Herren eigentlich waren. Einer von ihnen entpuppt sich als einer der schlimmsten Raubritter seiner Zeit.

Steinbildnis von Ludwig II., dem Strengen (Foto: Wikipedia/Thomas Springer)Steinbildnis von Ludwig II., dem Strengen (Foto: Wikipedia/Thomas Springer)Als Zeichen seiner Huld und Freigebigkeit verzichtet er für alle Zeiten auf die Erhebung einer Überfahrtsgebühr. So versprach es Ludwig II. (1229-1294), durch „Gottes Gnaden Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Bayern“ im Jahre 1262, also vor genau 750 Jahren. Darum gebeten hatten ihn der Abt und die Mönche des Eifelklosters Himmerod, zu deren Besitz Altrip damals gehörte. Ludwig II. sprach seinen Verzicht „aus Verehrung für die glorreichste Jungfrau und Gottesmutter Maria“ aus. Dabei war er alles andere als ein Heiliger und eine höchst schillernde Persönlichkeit.

Immerhin zeugte er in seiner dritten Ehe mit der Tochter des Königs Rudolf von Habsburg einen Sohn, der als Kaiser Ludwig IV. in die Geschichte einging. Außerdem feilschte er oft um echte und unechte Besitzurkunden. So setzte er sich lange Zeit über etliche königlichen und gar kaiserlichen Urteile zum Neckarauer Besitz hinweg. Doch seinen Beinamen – der Strenge – erhielt er nicht wegen seiner Hartnäckigkeit, sondern weil er seine erste Frau wegen angeblicher Untreue hinrichten ließ. Nachdem sich das als Irrtum herausgestellt hatte, gründete er zur Sühne das Zisterzienserkloster Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck.

Aus Sorge, dass sein Verzicht auf eine Gebühr für die Altriper Fähre nach seinem Tode verfälscht oder gar völlig untergehen könnte, bestellte er zum Urkundenakt vier Zeugen in seine Heidelberger Residenz ein. Diese Edelmänner, die auf der in Latein abgefassten Urkunde ihre Namen und Siegel anbrachten, waren de Hurenheim, de Labir, de Heinvels und de Camerberch.

Unter Mithilfe der Diplom-Bibliothekarin Anette Philipp von der Uni-Bibliothek Heidelberg, konnten sie nun bestimmten Adelsgeschlechtern zugeordnet werden. Hinter der Unterschrift „Hermanni de Hurenheim“ verbirgt sich Hermann von Hürnheim, der mit seiner Familie auf Burg Niederhaus in Ederheim-Hürnheim im heutigen Landkreis Donau-Ries lebte.

Von ihm und Ludwig II. lässt sich folgende Geschichte erzählen: Hermann zog mit seinem Bruder Friedrich, mit Ludwig II. und mit König Konrad von Hohenheim in einem Kriegszug nach Italien, denn Papst Clemens IV. erkannte die Ansprüche Konrads auf die Königswürde von Sizilien nicht an. Der junge Stauferkönig wurde deshalb gar exkommuniziert. Ludwig II. zog allerdings nur bis Verona mit und versagte Konrad dann seine weitere Unterstützung.

Damit bewies er ein gutes Gespür. 1268 wurden nämlich der erst 16-jährige Stauferkönig Konrad sowie der Bruder des Hermann in Neapel enthauptet. Der Zeuge aus der Altriper Urkunde dagegen kehrte kurze Zeit später wohlbehalten auf seine Burg zurück. Ludwig II. beerbte sogar den Stauferkönig und erhielt die berühmt gewordenen „Conradischen Schenkungen“.

Aber zurück zu den verbleibenden Edelmännern: Zur Unterschrift „Linzmanni de Labir“ konnte Albert V. Lutzmann von Laaber aus einem altbayerischen Adelsgeschlecht ausfindig gemacht werden. Die Herren von Laaber stammen aus dem gleichnamigen Dörfchen am gleichnamigen Flüsschen im oberpfälzischen Landkreis Regensburg. Ihre Burg steht heute noch mitten im Dorf und ist auch zugänglich.

Die Unterschrift „Philippi de Heinvels“ schließlich gehört einem Edelmann, der in der heutigen Pfalz lebte: Ritter Philipp von Hohenfels residierte südlich des Donnersberges, in 540 Meter Höhe, im Ort Imsbach (Verbandsgemeinde Winnweiler). Dieser Edelmann hatte seine Burg von einem kinderlos verstorbenen Verwandten geerbt und war einer der schlimmsten Raubritter seiner Zeit.

Die letzte Unterschrift im Bunde der „getreuen und verehrten Männer“, wie Ludwig II. sie in der Fähr-Urkunde bezeichnete, ist jene des „Ulrici de Camerberch“. Auf Schloss Kammerberg in Fahrenzhausen im Landkreis Freising lebten die „Chammerberger“ und mit ihnen auch der Unterzeichner. Das Schloss ist heute von anderen Freiherren bewohnt und von einem Wassergraben umgeben.

Ludwig II. versprach übrigens in seiner Verzichtsurkunde, dass er zwischen Altrip und Mannheim keinen Rheinzoll mehr erheben werde, bat sich allerdings aus, dass er und sein Gefolge jederzeit an einer ihm passenden Stelle den Rhein frei passieren dürfe. Und wer hätte ihm dies wohl auch verwehren wollen?

(Wolfgang Schneider | 2012)
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