Normalerweise waren früher die Kirchturmspitzen das erste, was man bei einer Annäherung an ein Dorf oder eine Stadt sah. Auch in Altrip war dies lange so, denn der romanische Kirchturm mit einer Höhe von 22 Metern aus dem 13. Jahrhundert überragte lange Zeit das Dorf und er diente gar als Orientierungsturm für die Rheinschiffer. Doch die Altriper wollten schon immer hoch hinaus.
Im 19. Jahrhundert und bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts wurden schlanke Schornsteine der Backsteinfabriken Baumann und Marx mit 35 und gar 40 Metern Höhe die neuen Wahrzeichen von Altrip. Und auch der 1927 errichtete Wasserturm mit seinen 38,25 Metern überragt die beiden Kirchtürme des Dorfes mit 20 und 22 Meter recht deutlich. Das Ziegeleizeitalter in Altrip ist mittlerweile schon längst vorbei und die Fabrikschlote wurden vom technischen Hilfswerk fachgerecht „umgelegt“ und entsorgt.
Doch 1969, zur 1600-Jahrfeier von Altrip, hatte der Turn- und Sportverein mit seinem neuen Vorsitzenden Wolfgang Keller, einem 41-jährigen, örtlichem Bauunternehmer, der sich sogleich als Vereinsmäzen betätigte, eine überragende Idee, nämlich eine Flutlichtanlage für das zwei Jahre alte Rasenstadion, das in der 5.500-Einwohnergemeinde rund 12.000 Besucher aufnehmen konnte. Nach den Vorstellungen von Vereinsboss Keller sollten es aber schon bald 25.000 Zuschauerplätze werden.
Die Altriper hatten zu jener Zeit zwölf Fußballmannschaften. Vorbild war der SV Alsenborn, der als Dorfverein an das Tor zur Bundesliga klopfte. Der TuS war Tabellenführer in der A-Klasse Vorderpfalz, Gruppe Mitte, und wurde von Hermann Jöckel trainiert, der 1949 Torwart der Meisterelf vom VfR Mannheim war.
Keller spekulierte darauf, dass so manche Elf aus dem "Oberhaus" unter der Woche ein Trainingsspiel in der Gemeinde austragen würde. Mehr noch: Für 1970 plante Keller den Bau eines Trainings-Camps mit Übernachtungsmöglichkeiten zwischen Dudenhofen und Harthausen. Dort sollten sich Altriper Spieler auf schwere Spiele vorbereiten können.
BILD titelte am 2. Dezember 1969: „Premiere im hellsten Dorf Deutschlands“
Der damals in Europa führende Flutlichtbauer, die Firma Otto in Wiesbaden, erhielt den Auftrag im Wert von einer viertel Million Mark, eine Flutlichtanlage mit 400 Lux auf vier 28 Meter hohen Lichtmasten zu errichten und damit Altrip zum hellsten Dorf Deutschlands zu machen. Nur der 1. FCK auf dem Betzenberg in Kaiserslautern und die Offenbacher Kickers hatten zu dieser Zeit stärkere Anlagen. Als besonderer Gag wurden auf zwei Masten auch noch rückwärtige Scheinwerfer angebracht, um den benachbarten Trainings-Hartplatz mit 100 Lux auszuleuchten.
Fast wäre jedoch die Premiere ins Wasser gefallen, denn Unbekannte verübten einen Tag zuvor einen böswilligen Anschlag auf die Flutlichtanlage. Alle Kabel der vier Flutlichtmasten wurden, wohl mit einem Beil, durchtrennt und zudem noch regelrecht zerkleinert. Doch der Technische Leiter des Vereins, Gerhart Heid, setzte alles daran, dass die Flutlichtanlage bis zu den Einweihungsspielen doch noch im wahrsten Sinne des Wortes erstrahlte und in einer Tag-und-Nacht-Arbeit gelang es der Herstellerfirma, den Schaden zu beheben.
Trotz Kälte und Schnee folgten rund 2500 Zuschauer den Spielen gegen die Eintracht Frankfurt sowie gegen den pfälzischen Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern, den „Roten Teufeln“. Unter den Zuschauern war „natürlich“ auch Fritz Walter, Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft, und auch Seppl Herberger machte geraume Zeit zuvor seine Aufwartung bei den Altriper „Kellerkindern“, so genannt nach ihrem Mäzen Wolfgang Keller.
Doch mit der leistungsstarken Flutlichtanlage kamen auch schon bald Probleme. Rudi Hochlehnert, Vorsitzender von 1973 bis 1975, sagte: "Grund war wohl der nicht ganz betriebssichere Trafo. Sobald die Anlage eingeschaltet wurde, gab es in der Umgebung starke Stromschwankungen." Der Verein musste für 30.000 Mark eine neue Trafostation anschaffen.
Auch wenn insbesondere die Jugendarbeit von der Anlage profitierte, knabberte der Verein jahrelang an den Folgekosten. Mitte der 1980er Jahre wurde das Flutlicht außer Betrieb genommen. Heute dient die ehemalige Lichtanlage nur noch als Mobilfunk-Mast ...