Im Jahr 1929 spielte sich in Altrip eine regelrechte Provinzposse ab. Hauptakteur war dabei der damalige Bürgermeister Adam Jacob, der sich als 42-Jähriger nach dem Erwerb einer alten Ziegelei-Immobilie mit der Namensgebung „Adam-Jacob-Siedlung” bereits zu seinen Lebzeiten ein Denkmal setzen wollte.
Doch der Reihe nach. Am 25. Mai 1929 beschlossen die Gemeinderäte mit neun zu sieben Stimmen, darunter die sechs Gefolgsleute besagten Bürgermeisters, aus der von ihm gegründeten Wahlvereinigung das ehemalige Areal der Freiherrlich von Dungernschen Dampfziegelei mit ihren sieben Arbeiterwohnungen zu Ehren des Gemeindeoberhaupts „Adam-Jacob-Siedlung” zu nennen. Hiergegen formierte sich Widerstand, so fand bereits drei Tage später eine Dringlichkeitssitzung statt, in der mit zwölf zu acht Stimmen der vorherige Beschluss gekippt wurde.
Als neuer Name wurde nun „Kolonie-Riedhof-West” vorgeschlagen und beschlossen. Doch der Dorfschultes und seine Mannen wollten das nicht akzeptieren. Bürgermeister Jacob mutmaßte, dass das Staatsministerium des Innern wohl schwerlich eine solche wortreiche und sachlich sich widersprechende Benennung akzeptieren werde. Auch das Bezirksamt Ludwigshafen wurde mit der Angelegenheit behelligt, was sich jedoch als wenig hilfreich erwies, denn das Amt hatte weder gegen die eine noch die andere Benennung der Annexe (räumlich getrennter Ortsteil) Einwände. Die Namensfrage blieb gut drei Monate in der Schwebe und sorgte im Dorf für allerlei Gesprächsstoff.
Dem Gemeinderat Konrad Schweikert I., der 1908 in Altrip einen Bürgerverein gegründet hatte, brachte schließlich die „Kuh vom Eis”, beziehungsweise die Kontrahenten zu Einsicht. Er schlug als Namen „Riedsiedlung” vor. Damit bleib der alte Flurnamen „Ried” erhalten sowie die Erinnerung an den „Alten Riedhof” und mit „Siedlung” wurde auch dem geplanten Siedlungszweck Rechnung getragen. Die Fraktionen zogen sich zu Beratungen zurück und nach längeren Diskussionen geschah tatsächlich das Wunder: Im Interesse des Friedens beschloss der Rat sogar einstimmig den Namen „Riedsiedlung”. Bei diesem Namen ist es bis zum heutigen Tage auch geblieben.
So recht glücklich geworden ist die Gemeinde mit diesem Erwerb allerdings nicht. Von 1933 bis Kriegsbeginn befand sich dort ein Reichsarbeitsdienstlager für Männer, anschließend für kurze Zeit auch für Arbeitsmaiden und schließlich wurden in dem Barackenlager Ausgebombte aus Ludwigshafen untergebracht. Zeitweise machten sich zwei kleinere Hühnerfarmen breit, die ersten Asylanten wurden dort in einem Eisenbahnwagen untergebracht und nach und nach entstand in der Riedsiedlung das heutige Gewerbegebiet. Nicht gerade gut strukturiert und noch weniger attraktiv – dafür aber mit einer interessanten Geschichte, die nach dem Ersten Weltkrieg mit einem bankrotten Baron begonnen hatte.