Im Dritten Reich verboten: „Infrantrist Perhobstler“

Im Dritten Reich verboten: „Infrantrist Perhobstler“Der 1929 erschienene Antikriegsroman „Infrantrist Perhobstler“ des Altriper Ehrenbürgers Wilhelm Michael Schneider landete 1936, also während der Naziherrschaft, auf der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ und wurde schließlich 1939 ganz verboten.

Dem Frontroman, der viele autobiografische Züge enthält, blieb zwar ein Welterfolg wie „Im Westen nichts Neues“ von Remarque versagt, doch mit einer Auflage von 60.000 Exemplaren kann dennoch von einem Bestseller gesprochen werden. Schneider, der als leitender Angestellter bei den I.G. Farben in Frankfurt tätig war, erlebte den 1. Weltkrieg sowohl im Westen als auch in Osten hautnah mit, brachte es bis zum Leutnant und wurde insgesamt fünfmal verwundet.

Schneider schrieb unter dem Pseudonym Wilhelm Michael aus der Sicht eines Infanteristen, weil diese der zahlenmäßig stärksten Waffengattung des Heeres angehörten und auch die größten Verluste erlitten. Schneider schrieb, wie der Krieg wirklich war. Die schauderhaften Verhältnisse in den Schützengräben und Trichterfeldern, das qualvolle Sterben nach schweren Verwundungen durch Schrapnellkugeln schildert der Autor in einer bisweilen sehr derben Sprache. Nicht von Tapferkeit und Heldentod, sondern von der „lebendigen Gefangenschaft in Schlammgräben“ und ständiger Todesangst lässt Schneider seinen Infanteristen berichten.

Gleich nachdem sein Roman 1929 erschienen war, wandte sich Wilhelm Michael Schneider In einem Brief an den deutschen Schriftsteller und einem der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts Thomas Mann (Buddenbrooks, Der Tod in Venedig, Der Zauberberg, …) und schrieb unter anderem "von meinen vielen toten Engländern um mich herum". Thomas Mann, der im gleichen Jahr den Nobelpreis für Literatur erhalten hat, sich ließ „Infrantrist Perhobstler“ zusenden, arbeitete das Werk sogleich zügig durch und war von der Lektüre sehr angetan.

Am 7. Juli 1929 schrieb Thomas Mann aus München zurück. "Sehr geehrter Herr Schneider, von Herzen Dank für Ihr Kriegsbuch. Es gehört zu den stärksten und wahrhaftigsten und man empfindet es als Wohltat, dass jetzt mit solchen Wahrheitsbüchern den Zahllosen, die nicht zu schreiben wissen, ihr Schicksal von der Seele geschrieben wird.“ An anderer Stelle „Ich kann nicht sagen, was Ihre Erzählungen alles in mir aufgewühlt haben an menschlicher Ratlosigkeit.“ und „Dass ich Sie und Ihresgleichen von ganzem Herzen ehren und, gerade mit dieser Ehrerbietung, den Krieg aus ganzer Seele verwerfen kann.“

Konservator Dr. Dieter Storz vom Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt, der sich über 70 Jahre nach seinem Erscheinen wissenschaftlich mit dem Kriegsroman beschäftigte, konnte nachweisen, dass sich ein Großteil der Begebenheiten und Orte nach den noch vorhandenen Kriegstagebüchern eindeutig dem realen Geschehen zuordnen lasse. „An atmosphärischer Dichte und Glaubwürdigkeit der Handlung übertrifft der Perhobstlerroman das Werk Remarques jedenfalls bei weitem und steht insofern unter den deutschen Frontromanen unübertroffen da. Schneider erreichte dies mit dem dokumentarischen Gestus seines Textes und einem entsprechend episodischzufälligem anstatt eines architektonisch-konstruierten Handlungsgefüge“, urteilte der Wissenschaftler.

Im Dritten Reich verboten: „Infrantrist Perhobstler“ Im Dritten Reich verboten: „Infrantrist Perhobstler“ (Bild: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn)Im Dritten Reich verboten: „Infrantrist Perhobstler“ (Bild: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn)

 

Jürgen Hajok (Quellen: Wolfgang Schneider, wikipedia.de | 2 Bilder: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn)
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