Fangprämie

Schon immer mussten sich Menschen gegen Schädlinge wehren. Ratten, Mäuse, Kaninchen, Sperlinge (Spatzen), Maikäfer, Borkenkäfer, Hamster oder Maulwürfe, die im Übermaß auftauchen, machten unseren Vorfahren in Altrip immer wieder zu schaffen - insbesondere in den Sommermonaten. Wer nicht bei der Jagd half, konnte bestraft werden.

Schon die Bibel berichtet von gefräßigen Heuschrecken-Schwärmen, die ganze Ernten vernichteten und so eine Hungersnot verursachten. Doch so weit muss man in der Geschichte nicht zurückgehen. Auch in der Neuzeit machten den Menschen in unserer Region diverse Schädlingsplagen das Leben schwer und sie mussten sich mit allen Mitteln wehren.

Um die Kornsaat zu schützen, wurde etwa im Februar 1917 insbesondere die Altriper Schuljugend aufgerufen, gegen eine kleine Entschädigung, Spatzen zu fangen. 1923 stellte die Gemeinde gar „Kaninchenjäger” ein. Und jeder Fang von Seiten der Bevölkerung musste dem Bürgermeister persönlich gezeigt werden und wurde belohnt.

Nachdem die aus Amerika eingeschleppte Reblaus große Schäden in den Weinbergen anrichtete, ging in Deutschland die Angst vor dem Coloradokäfer, gemeinhin als „Kartoffelkäfer” bezeichnet, um. 1824 trat der Schädling erstmals in Colorado auf und „eroberte” sich alsbald die gesamten Vereinigten Staaten. Im Jahr 1934 rief die Gemeindeverwaltung den Ortsbauernführer und die Feldschütze zu erhöhter Wachsamkeit auf. 1935 war bereits Frankreich stark befallen und ein Jahr später gab es die ersten „Funde” in Deutschland. 1937 tauchte der Kartoffelkäfer auch in der Pfalz auf und 1938 meldeten schon 2294 Gemeinden in Deutschland einen Befall.

Die Nationalsozialisten, die ohnehin auf Autarkie aus waren, waren in höchstem Maße alarmiert, zumal die Kartoffel ein Hauptnahrungsmittel war und praktisch überall im Reich angepflanzt wurde. Reichsweit wurden daher „Kartoffelkäfer-Suchtage” eingeführt. Auch in Altrip. So mussten die Schüler der vier oberen Klassen, die beiden Feldschütze und der Ortsbauernführer an einem Tag in den Monaten Juli, August und September 1937 alle Felder nach dem Schädling absuchen.

Erfreulicherweise konnten sie damals noch keinen Befall feststellen. Am 24. September 1937 mussten daher die Landwirte allein auf die Kartoffelkäfersuche gehen. Ab 1941 wurde die „höchste Wachsamkeitsstufe” ausgerufen und der Bevölkerung mitgeteilt, dass die „Amis” nicht nur so genannte „Terrorangriffe” mit ihren Bombern fliegen, sondern auch Schädlinge abwerfen würden.

Eine besonders große Kartoffelkäferplage gab es 1945. Im Juli kam es vor, dass ganze Felder kahlgefressen wurden und die Schädlinge sich dann weitere Felder suchten. In den Monaten Juli, August und September wurden allein 46 Personen vom Bürgermeister mit Strafen belegt, weil sie bei den von ihm festgesetzten Kartoffelkäfersuchtagen unentschuldigt fehlten. Von Suchtag zu Suchtag wurden die Geldstrafen höher.

Auch 119 Verweise wurden ausgesprochen. Wer bis zum Stichtag seine Strafe nicht bezahlt hatte, dem wurde kurzerhand die Lebensmittelkarte entzogen. Die Sicherstellung der Ernährung stand besonders nach dem Krieg im Vordergrund. 1946 machte den Dorfbewohnern auch noch die San-José-Schildlaus zu schaffen, die insbesondere die Ernte von Äpfeln und Birnen ruinierte. Nun folgten gar echte Hungerjahre, auch Jahre großer Dürre. Hinzu kam eine Ablieferungspflicht von Nahrungsmitteln aufgrund von Anordnungen der französischen Militärregierung.

Alle Felder, insbesondere die Kartoffeläcker, mussten ein Schild mit Angaben über das Saatgut, die Größe der angebauten Fläche und den Namen des Landwirts tragen.

Damals wie heute ein probates Mittel gegen die Plage: Sowohl die an den Unterseiten der Blätter abgelegten Eier, als auch die roten Larven sowie die gestreiften Kartoffelkäfer selbst werden rechtzeitig eingesammelt und vernichtet. 

(W. Schneider | 2009)
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