Ein lang gehegter Wunsch der Altriper, aber auch vieler Ausflugs- und Badegäste aus Mannheim, ging Anfang 1958 in Erfüllung: Am Samstag, 25. Januar 1958, löste eine Motorfähre die fast ein halbes Jahrhundert alte Gierseilfähre ab.
Schon seit mehreren Jahren war die alte Fähre eigentlich in keinem verkehrstüchtigen Zustand mehr, ständig war behördlicherseits mit einer Stilllegung zu rechnen. Seit 1954 bemühte sich der letzte ehrenamtliche Bürgermeister der Rheingemeinde, Philipp Hermann Hook, mit Vehemenz um eine Motorfähre, verfasste eine Denkschrift über die Situation des Altriper Rheinübergangs und führte einen jahrelangen Kampf um die Finanzierung der umzubauenden Anlegestellen und des Fährschiffes.
Kreisdeputierter Adam Jacob aus Altrip machte sogar das Verbleiben des Landkreises in der 1951 gegründeten „Kommunalpolitischen Arbeitsgemeinschaft Rhein-Neckar“ von der Schaffung eines besseren Rheinübergangs bei Altrip abhängig. Und Landrat Dr. Kurt Becker-Marx plädierte für die Schaffung einer Südbrücke bei Altrip, noch vor einer Nordbrücke und betrachtete Fähren als „Geschichten unterbliebener Rheinübergänge“. Die Stadt Mannheim, der Landkreis Ludwighafen und die Gemeinde Altrip bildeten aber schließlich 1955 eine „Rheinfähre Altrip GmbH“ und gaben dem Wertbetrieb Clausen in Oberwinter den Zuschlag zum Bau eines Fährschiffes.
Die neue Fähre war Tage zuvor nach ihrer Jungfernfahrt, bei der sie selbst mit halber Kraft fuhr und deshalb vom Schlepper „Rheinau“ stromaufwärts gezogen wurde, am Rheinauhafen vor Anker gegangen. Die Hilfe der „Rheinau“ war nötig, weil das Fährschiff an Stelle eines schnittigen Bugs und Hecks, ihrem Zweck entsprechend, breite Landeklappen hatte. Und eben diese Landeklappen konnten von der Kommandobrücke vom Fährführer, landläufig als „Kapitän“ bezeichnet, per Knopfdruck mittels Hydraulik gehoben und gesenkt werden.
Das „Fährschiff Altrip“ war das modernste Schiff seiner Art am Rhein und demonstrierte am Tag seiner Inbetriebnahme den rund 2000 Schaulustigen mit etlichen Dreh- und Anlegemanövern seine Wendigkeit. Ausgestattet mit zwei 75 PS starken Dieselmotoren und dem Voith-Schneider-Propellersystem, bei dem an Stelle der sonst üblichen Schiffsschrauben unter dem Rumpf quasi große rotierende Messer aus dem Stand heraus ein Fahren vorwärts, rückwärts und vor allem auch seitlich ermöglichten. Besonders stolz war man auch auf die britische Radaranlage, die nun auch einen Fährverkehr bei Nebel ermöglichte. Rund 300 Personen konnte das Fährschiff befördern oder auch zehn Personenkraftwagen. Und auch das war neu: eine beheizbare Fahrgastkabine mit 35 Sitz- und Stehplätzen.
Bei einem Fahrpreis von nur 20 Pfennigen je Person fuhren manche Altriper gleich mehrmals über den Rhein. Weithin strahlte das Fährschiff in seinem rot-grün-weißen Farbkleid. An jenem Tag im Januar 1958 trafen sich das alte und das neue Fährschiff auf dem Rhein. Beide Fähren waren überfüllt von Schaulustigen. Die Reden der „Offiziellen“ bekamen die Wartenden aber nicht zu hören, denn man hatte vergessen, eine Lautsprecheranlage zu installieren. Das Glockengeläute vom Boot des katholischen Schiffsseelsorgers aus Mannheim fehlte ebenso wenig wie das Deutschlandlied und alle riefen dem Schiffsführer Anton Fatho „Käpt“n Ahoi!“ zu.
Die zum Teil stundenlangen Wartezeiten für die Altriper Berufspendler waren nunmehr Vergangenheit. Die bisherige Fähre hing an einem Seil und versperrte auf badischer Seite stets den Schifffahrtsgraben. Erschwerend kam dazu, dass der Schiffsverkehr immer reger und vor allem auch schneller wurde. Zudem war die Sicht beschränkt, da die alte Fähre in einer Stromkurve pendeln musste.