Mit holländischem Boot auf dem Rhein

Im Jahr 1923 kam am Oberrhein die aus Holland stammende Ankerkuilenfischerei auf. Als erster Fischer im damaligen Bezirk Ludwigshafen betrieb sie Jakob Schneider XV. aus Altrip. Mit einem um 1926 am Niederrhein gebauten Holzschiff, getauft auf den Namen „Norbert“, ging er bis 1940 auf Aalfang.

Die Ankerkuile war ein Fischerei-Wasserfahrzeug ohne eigenen Antrieb und ohne Streckenfahrten, das mit einem ausladenden Netzbalken in der stärksten Rheinströmung nachts den abwandernden Blankaalen nachstellte. Dazu wurde das nussschalenartige Schiff in der Nacht am Längsseil vom Uferbau auf Netzbreite zu seinem Fangplatz gegiert.

Vor jeder Fangsaison wurde die Ankerkuile von einem Hafenbugsierboot an seinen zugewiesenen Platz geschleppt, wo es tagsüber an einem Poller oder Baum fest verankert war. Wichtig war, dass beim Fischen die Fangvorrichtung in der Talweg-Fahrrinne lag. Möglich wurde diese Fischerei überhaupt erst nach der Rheinregulierung (Schiffbarmachung) durch Max Honsell nach 1900. Nun wanderte der geschlechtsreife Aal nicht mehr über die gesamte Strombreite, bis Mannheim immerhin 240 Meter, sondern „gebündelt“ über die Schifffahrtsrinne ab.

Aus der Ferne sah der Ankerkuile aus wie ein Segelschiff. Aus der Ferne sah der Ankerkuile aus wie ein Segelschiff. Das Boot des „Fischer-Jakob“, wie der Altriper Pionier allgemein genannt wurde, hatte ein rund 30 Meter langes, zehn Meter breites und etwa fünf Meter tiefes Netz mit 640 Maschen. Zu jener Zeit wurden die Hanf- und Baumwollnetze noch direkt aus Holland bezogen und hielten höchstens zwei Fangperioden durch. Das Netz wurde daher nach jedem Fangtag am zwölf Meter hohen Schokkermast aufgezogen, um möglichst viel Fäulnis zu vermeiden.

Hochgezogen wurde auch jeweils die Reuse sowie der Schlusssack, die Fugge. Aus der Ferne sah der Ankerkuile dann aus wie ein Segelschiff. Für einzelne Fischerutensilien gab es seltsame Bezeichnungen. Der notwendige Bei-Nachen etwa hieß „Flieger“, das U-förmige Verbindungsglied, der Schäkel, nannte man „Kuhmaul“, die Reuse „Wolf“ und der Schöpfeimer „Pils“. Die zu jedem Schokker gehörenden vier Drahtseile, der Voraus-, Beifall-, Land- und Achterdraht waren das „Gelege“. Ging der Fischer-Jakob auf den Strom, so hieß die Losung: „Gut Fang und kein Netz- und Balkenbruch“. In der Mitte des Schokkers befand sich eine „Hälteranlage“, die von Rheinwasser durchströmt wurde und die lebende Beute aufnahm.

Eigentlich hätte Jakob Schneider das ganze Jahr, mit Ausnahme der Mondphasen auf Fang gehen können, doch vom 20. April bis 24. Mai durfte er dies nur mit einem Schutzkorb, um die Sämlingsabwanderung nicht zu gefährden. Das war dem Fischer-Jakob aber zu aufwändig. Ohnehin betrieb er von 1929 bis 1933 den Aalfang mehr oder minder intensiv. Fortan betätigte er sich mehr politisch und wurde auf diesem Wege Hilfspolizist.

Der eigentliche Grund für seinen teilweisen Rückzug war aber der Verfall der Fischpreise. Brachte ein Pfund Aal 1929 noch 1,30 Reichsmark, so waren es 1934 nur noch 70 Pfennige. Dabei lag der Aalpreis stets zehn Pfennig über dem für Karpfen und Hecht. Für „Backfisch“ gab es gar nur 20 Pfennig pro Pfund.

Der Liegeplatz des „Norbert“ war zumeist am Retzerbaum, zuweilen auch beim „Weißen Häusl“. Letztmals wurde die Ankerkuilenerlaubnis für das Jahr 1940 ausgestellt. Mit Beginn des Frankreich-Feldzuges gab es durch französische Treibminen für die Schiffe ohnehin Probleme. Der Fischer-Jakob ließ daher seine Ankerkuile in den Altriper Altrhein schleppen, der die Funktion eines Schutzhafens hatte, wo „Norbert“ 1942 abgewrackt wurde.

(W. Schneider | 2003)
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