Vergessenes Dorf von Ludwigshafen abgehängt

Langer Kampf um öffentlichen Verkehrsanschluss an Chemiestadt - 1930 erklang letztmalig das Posthorn

Wenn am „Waaghäusel" (öffentliche Fuhrwerkswaage) in der Rheingönheimer Straße die butterblumengelbe Postkutsche auftauchte mit einem Postillion, der in seiner Uniform einem überdimensionierten lebenden Zinnsoldaten glich, dann waren in Altrip alle Gassenhauer unterwegs, um nach Neuigkeiten Ausschau zu halten. Dies war jedenfalls bis zum Ersten Weltkrieg so. Doch diese Romantik hatte auch ihre Schattenseite.

Jahrzehntelang kämpften die Altriper als „vergessenes Dorf" um einen Verkehrsanschluss an Ludwigshafen. 1923, als der Landwirt, Lohnkutscher und Gemeinderat Heinrich Hook II. „Posthalter" in Altrip war, wurde gar die Karriolpost, das war ein zweirädriger Briefpostwagen, der auch ein oder zwei Personen befördern konnte, aus Kostengründen eingestellt.

Aus Kostengründen eingestellt: Der von Landwirt Heinrich Hook II. zwischen Altrip und Ludwigshafen gesteuerte Briefpostwagen. Aus Kostengründen eingestellt: Der von Landwirt Heinrich Hook II. zwischen Altrip und Ludwigshafen gesteuerte Briefpostwagen.

Nunmehr musste ein Fahrradbote die Post und letztlich auch alle für Altrip bestimmten Pakete in Rheingönheim abholen. Insbesondere im Winter oder wenn die Pakete wegen der schlechten Straßenverhältnisse in den Dreck fielen, gab es oft entsprechende „Spuren".

Ein Verkehrsausschuss, der sich aus vielen Bürgern zusammensetzte, strebte in jener Zeit sogar eine Bahnverbindung an, und sei es auch nur eine Schmalspurlinie. Doch ab 1925 gab es wiederum nur eine Karriolpost, die täglich nur einmal den Ort anfuhr. Posthalter Hook war mittlerweile bei einem Unfall tödlich verunglückt, und deshalb vergab die Reichspost den „Poststall" zur Unterstellung von Pferd und Wagen an dessen Witwe.

Die Reichspost lehnte eine Kraftpostlinie nach Altrip zunächst mit der schlechten Straßenverbindung ab, stellte dann aber eine „Bedienung" von Altrip in Aussicht, wenn die Gemeinde alle Kosten, einschließlich dem Bau einer Unterstellhalle und der Einrichtung einer Kleintankstelle übernehmen würde. Die Gemeinde sah sich hierzu jedoch finanziell nicht in der Lage.

Erst am 7. April 1930 ist in Altrip das Posthorn verklungen. Die Karriolpost, die seit September 1897 zunächst mit einem Pferdchen und später mit zwei Pferdestärken Altrip anfuhr, wurde durch die „Kraftpost" abgelöst. Anstatt mit der knallenden Peitsche des „Schwagers" vom hohen Sitz angetrieben, hat die Reichspost nun Beamte ans Steuer von Omnibussen mit Motorkraft gesetzt.

Dringend notwendig war dies auch, nachdem der Versuch einer besseren Verbindung über eine private Buslinie ein Jahr zuvor gescheitert war. Täglich gab es drei Fahrtenpaare, bis zu den Giuliniwerken (die „Kutt") gar vier. Der Fahrpreis bis zum Amtsgericht Ludwigshafen betrug 60 Pfennig, die Fahrzeit 35 Minuten. Auch die Städter nutzten die Kraftpost für einen Ausflug in die Sommerfrische.

Nach kriegsbedingter Unterbrechung wurde bereits am 2. Juli 1945 wieder ein alter klappriger Postomnibus eingesetzt. Allerdings nur eine Linie: Abfahrt morgens um 6 Uhr und Rückfahrt um 17.50 Uhr. Ausgegeben wurden hierzu 40 Dauerkarten für Berufspendler, und nur wenn einmal ein Platz frei war, sei es weil der Platzinhaber krank oder aus sonstigen Gründen fehlte, durfte auch ein sonstiger Fahrgast mitfahren. Viele Altriper fuhren deshalb mit dem Pferdewagen des „Sau"-Händlers Friedrich Schneider nach Rheingönheim.

Zwar besserten sich die Verhältnisse im Laufe der Zeit, doch was bleibt, ist ein immerwährender Kampf der Altriper um bessere Taktverbindungen.

(Quelle: Wolfgang Schneider | 2005)

1910 wurde das Straßenbahndepot in Ludwigshafen in Betrieb genommen, ab 1929 wurden auch Omnibusse aufgenommen. (Foto: ludwigshafen.de)1910 wurde das Straßenbahndepot in Ludwigshafen in Betrieb genommen, ab 1929 wurden auch Omnibusse mit aufgenommen. (Foto: ludwigshafen.de)

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