Große Jahresausstellung über Altriper Vereine

Der Heimat- und Geschichtsverein Altrip (HGV) hat seine diesjährige Ausstellung unter das Motto: „Altriper Vereinsleben – gestern und heute" gestellt. Bereits zehn erfolgreiche Jahresveranstaltungen, darunter über die Römer, das Mittelalter und die „Fünfziger" des vergangenen Jahrhunderts, liegen hinter ihm.

21 Vereine präsentieren sich mit einer Fülle von Fotos, Exponaten und Vorführungen.

Der HGV bietet den Vereinen damit ein hervorragendes Forum zur Selbstdarstellung. So kann etwa die Karnevalsgesellschaft „Die Wasserhinkle (KGW)" auf  ihr 75jähriges Bestehen in diesem Jahr hinweisen, bei der übrigens auch schon Daniela Katzenberger tanzte. Dass die KGW früher das Altpapier in Altrip entsorgte und viele Parkfeste durchführte, ist heute nicht mehr allgemein bekannt.  

Die beiden ältesten Vereine, der „Männergesangverein 1867 (MGV)" und die „Sänger-Einheit 1874", die sich nach Zwistigkeiten bei einer Gemeinderatswahl vom Männergesangverein abspaltete, sind mit von der Partie. Lange Zeit gab es mit den so genannten „Stehkragen" der Sänger-Einheit und dem „Mutterverein" eine innige Feindschaft, doch heute singt gar der Vorsitzende des MGV bei den einstigen „Separatisten" mit. Die Musik- und Gesangvereine stellen nahezu  ein Viertel aller Akteure.

Als größter Verein präsentiert sich der „Turn- und Sportverein 1906 (TuS)", der bereits 1890 im Turnverein Jahn einen Vorläufer hatte und im „Dritten Reich" gar eine Kleinkaliberschießabteilung unterhielt.  Der TuS galt vor dem letzten Krieg als „der" bürgerliche Verein – im Gegensatz zu den linksorientierten Arbeitervereinen. Der zweitstärkste Sportverein, der „Athletenclub Altrip 1923, der ebenfalls ausstellt, gehörte dem „Kartell der Arbeitervereine" an.

Vor dem Ersten Weltkrieg gab es noch keine einzige Frau in einem Verein. In den Stammlokalen der Vereine - so war etwa der MGV im „Himmelreich" und die „Sänger-Einheit" jahrzehntelang im „Schwanen" -  verkehrten die Männer auch außerhalb von Vereinsterminen. Vereinslokale waren für sie zum Teil wie eine „Zwettwohnung".

Eine Frau betrat ein Lokal zumeist nur, um ihren Mann „herauszuholen", damit er nicht den ganzen „Zahltag" oder das Milchgeld „versoff oder verspielte". Zuhause gab es wegen dieser Blamage dann natürlich ziemlich Zoff. Frauen organisierten sich später zumeist in kirchlichen und caritativen Organisationen. So war es üblich, dass fast jede frisch verheiratete Frau Mitglied im ebenfalls ausstellenden Evangelischen Krankenpflegeverein und dem Evangelischen Frauenbund wurde. Selbst beim Roten Kreuz gab es eine „Geschlechtertrennung"  in einen Frauen- und einen Männerzweigverein.

In den letzten 100 Jahren führten die beiden Weltkriege, die Nachkriegszeiten und Restriktionen der Siegermächte zum Erliegen vielen Vereinsaktivitäten. Und etlichen Vereinen gelang auch nicht mehr eine Wiedergründung. Dies trifft auch auf die nach 1933 verbotenen oder gleichgeschalteten Vereine zu. Außer dem Athletenclub gelang vor allem dem „Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität" nach dem Krieg ein Neuanfang. Doch auch dieser Verein, der heuer 100 Jahre alt würde, überstand die weiteren Zeiten nicht.

Das Erscheinungsbild der Vereine hat sich allgemein ziemlich gewandelt. Vorbei sind die Zeiten der „Fahnenweihen", Teilnahme an allen möglichen Umzügen, etwa zum 1. Mai, zur Kerwe, zu Waldparkfesten oder zum Erntedankfest. Theateraufführungen zu Weihnachten mit vereinseigenen Kräften und Kappensitzungen gehören ebenfalls zumeist der Vergangenheit an. Insgesamt gesehen wäre unser Leben aber wesentlich ärmer, wenn nicht  Vereine ehrenamtlich eine Vielzahl sportlicher, kultureller, sozialer, politischer und gesellschaftlicher Aufgaben übernehmen würden.

INFO:

(Wolfgang Schneider | 2012)
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