Wo einst auch Maschinengewehre ratterten

 

Während der Deutsche Bundestag immer wieder bestrebt ist, den privaten Schusswaffenbesitz zu beschränken, gibt es allein im Rhein-Pfalz-Kreis Tausende legal erworbener Waffen, die früher ausgereicht hätten, um damit eine ganze Armee auszurüsten.

Ein Blick in die Chronik zeigt, dass im Jahr 1856 in Altrip nur ein Bürger einen „Schusswaffenpass“ besaß, nämlich der Jäger und Ziegeleibesitzer Georg Wilhelm Philipp Baumann. Im Kreisamtsblatt wurden damals alljährlich alle „Passbesitzer“ veröffentlicht.

Nach dem Krieg von 1870/71 bildeten sich zwei Veteranenvereine, in denen die siegreichen Krieger das Soldatentum pflegten, wozu auch vereinsinterne Schießübungen gehörten.

Die wenigen Waffen, die nach dem Ersten Weltkrieg im Ort vorhanden waren, mussten der französischen Besatzung ausgehändigt werden. Wer sich nicht daran hielt, riskierte harte Strafen. So wurden auch in Altrip Gefängnis- und Geldstrafen verhängt.

Nach der „Pfalzbefreiung“ im Jahre 1930 regte sich im Dorf verstärkt der Wunsch, Schießsport vereinsmäßig zu betreiben. So unterhielt der Turn- und Sportverein eine eigene Kleinkaliberschießabteilung und auch der Krieger- und Militärverein unterhielt im heutigen Gewerbegebiet „Riedsiedlung“ einen Schießstand. Sogar der Kaninchen- und Geflügelzuchtverein erhielt 1931 die Genehmigung für einen Schießstand im Hof des Zuchtwarts Heinrich Lutz.

Im „Dritten Reich“ wurde der private Schusswaffenbesitz äußerst rigide gehandhabt, dafür nahm die Militarisierung in Partei und Staat rapide zu. Auf der Rennbahn pfiffen Kugeln, wo heute an Fronleichnam die Motoren beim Sandbahnrennen dröhnen, pfiffen von 1935 bis 1937 die Gewehrkugeln der Landespolizei von Ludwigshafen.

Bis zur Verlegung des II. Bataillon-Infanterie-Regiments 110 von Ludwigshafen nach Seckenheim ratterten dort auch Maschinengewehre. Bürgermeister K. Baumann gelang es 1936 allerdings, ein bereits angesetztes Scharfschießen vor den Toren Altrips zu verhindern, ebenso die Überlassung der heutigen Rennbahn an den „Stahlhelm“ zu wehrsportlichen Übungen, wozu auch das Schießen gehörte.

Nicht zu verhindern allerdings waren ab Mai 1940 die „Flakstellungen“ auf Altriper Gemarkung. In den fünf Jahren ihres Bestehens holte diese Flak allerdings keinen einzigen Feind vom Himmel. Im Gegenteil: Sie zog diese vielmehr noch an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Dorfbewohner von Schusswaffen endgültig die Nase voll. „Restbestände“ wurden zum Teil kurzerhand in den Rhein geworfen. Bis zum heutigen Tag gibt es im Ort keinen Schießsportverein mehr. Verbrechen wurden von den Männern im Dorf zumeist mit der Axt oder dem Hammer verübt. Frauen, die Selbstmord verübten, haben sich zumeist „verseft“, das heißt, sie ertränkten sich im Rhein.
Überhaupt gab es früher unglaublich viele Wasserleichen, die an der Altriper Fähre von den Fährleuten gegen eine Ländegebühr geborgen wurden. Wer hier nicht auftauchte, der blieb zumeist beim „Wormser Rechen“ hängen.

(Quelle: Wolfgang Schneider | 2006)
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