Was die Viktualienpolizei vorschrieb

Nahezu jede fünfte Lebensmittelprobe wird behördlicherseits beanstandet, so hat unlängst eine Meldung die ganze Republik erschreckt. Ein besonderes Augenmerk haben und hatten die Kontrolleure schon immer auf Fleischwaren.

Schon im vorletzten Jahrhundert gab es nicht nur in Altrip so genannte Trichinenbeschauer, die im Auftrag eines Tierarztes bei den Metzgern sowie den damals häufigen Hausschlachtungen Proben entnahmen. Und im 19. Jahrhundert achteten noch besser ausgebildete „Fleischbeschauer” auf einen einwandfreien Zustand des Fleisches. Jede Schlachtung musste bei der Gemeinde angemeldet werden. Die schickte dann den Fleischbeschauer ins Haus, um Qualität und Genießbarkeit prüfen zu lassen und dies per amtlichem Stempel zu bestätigen und ins Fleischbeschaubuch einzutragen.

Allerdings waren die Auflagen nicht allzu hoch. So schrieb etwa die „Viktualienpolizei des Königlichen Bezirksamts Ludwigshafen” im Jahre 1892 nur allgemein vor: „Alles Fleisch, das über die Straße transportiert werden soll, muss mit einem weißen Tuch bedeckt sein, und das Blut von kranken und geschachteten Tieren darf in keinem Fall zur Wurstverarbeitung Verwendung finden.” Daneben ließ die Gemeinde durch ihren „Bolis” (Polizeikommissär) Hygienekontrollen durchführen. Im Jahr 2005 wurden so bei allen Gastronomen unsaubere Bierzapfhähne gefunden, die Mehlsiebe der Bäcker waren meist defekt. Und auch die Schubfächer in den hölzernen Schränken der Kolonialwarengeschäfte waren oft unsauber.

Bei fehlender Preisauszeichnung oder überhöhten Preisen konnte der „Bolis” schon mal forsch werden und ein Geschäft so lange schließen, bis alles im Lot war. Zu beanstanden waren auch häufig Gewicht von Brot und Brötchen. Immer wieder gab es jedoch Probleme mit Metzgereien. So schlug der Ortsgendarm vor 70 Jahren wenigstens die Anschaffung von geschlossenen, verzinkten Eimern zur Lagerung der Schlachtabfälle vor. Dieser Vorschlag wurde von der Gemeinde gerne aufgegriffen, da die Abdeckerei in Frankenthal zwar in bestimmten Abständen das nicht verwertbare Fleisch abholte, bis dahin aber die „Zwischenlagerung” alles andere als geordnet war.

Bis Anfang der 1960er Jahre wurden Produktionsstätten besonders durch die „Gendarmerie-Station Altrip” überprüft, das waren etwa ein Senfhersteller, zwei Getränkeabfüller und vier Speiseeiserzeuger. Die Gemeinde Altrip übernahm vor über 40 Jahren diese Aufgaben als Ortspolizeibehörde (Lebensmittelpolizei) und entnahm auf Anforderung des Landratsamts für das Chemische Untersuchungsamt ganz bestimmte und mengenmäßig vorgeschriebene Lebensmittelproben.

Peinlich war es damals vor allem dann, wenn der Vollzugsbeamte dreimal fragte: „Wie bezeichnen Sie diese Wurst?” und als Antwort „Zungenwurst” kam, obwohl von Zunge darin weit und breit keine Spur war.

(Quelle: Wolfgang Schneider | 2005)
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