Seit 1971 kämpft in Altrip die DLRG gegen den „nassen Tod“
An einem trüben Sonntagmorgen trafen sich im Herbst 1970 im „Karpfen“ zu Altrip die gleichen Stammtischbrüder wie immer. Doch diesmal war alles anders. Der Versicherungsfachmann Heinz Hauk stellte seine Idee vor, in Altrip eine Ortsgruppe der „Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG)“ zu gründen. Er selbst besaß die höchste Auszeichnung der DLRG, nämlich das Lehrabzeichen und kannte etliche Altriper, die in Ortsgruppen der Umgebung Mitglied waren.
Seine Idee fand allgemeinen Beifall und der anwesende Zweite Beigeordnete Wolfgang Schneider, der als Zwölfjähriger selbst einmal fast ertrunken wäre, unterstützte das Vorhaben von Heinz Hauk.
Schneider fand es höchste Zeit, dass in der wasserreichsten Gemeinde des Landkreises endlich auch die DLRG Fuß fasste.
Er erinnerte daran, dass sich 1932, auf dem Höhepunkt der Arbeitslosigkeit, am „Altriper Lido“, dem Rheinstrandbad unterhalb der Fähre, bis zu 10.000 Menschen an einem Tag tummelten – ohne Badeaufsicht. Und im Jahr 1966 wurden im Naherholungsgebiet um die sogenannte „Blaue Adria“ gar an einem Sonntag rund 30.000 Badegäste geschätzt, obwohl dieses Gebiet nur für 6.000 Menschen gedacht war. Und auch etwa 6.000 Fahrzeuge wurden gezählt.
Schneider wurde sofort an diesem Vormittag zum Leiter eines Gründungskomitees bestellt. Am 28. Mai 1971 kam es im „Karpfen“ schließlich zur Gründung einer DLRG-Ortsgruppe. 58 Personen waren gekommen, darunter Bürgermeister Marx und die Beigeordneten Dr. Hermann Knauber und Wolfgang Schneider. Auch der damals 15-jährige Jürgen Jacob, der später Bürgermeister wurde, war unter den Gästen, ebenso der Landtagsabgeordnete Dr. Karl-Heinz Weyrich und ein Großteil der Mitglieder des Bezirksvorstandes der DLRG Vorderpfalz sowie etliche Gemeinderäte.
Bereits in der Gründungsversammlung wurde der 100. Mitgliedsantrag ausgestellt., 40 übrigens schon vor der eigentlichen Gründung. Wolfgang Schneider wurde einstimmig zum 1. Vorsitzenden gewählt und Heinz Hauk zum Technischen Leiter, der sogleich seine Tochter Heidi als Kassenwartin „einbrachte“ und später auch Tochter Bärbel als 1. Lehrscheininhaberin und Frauenwartin präsentierte.
Es herrschte eine regelrechte Aufbruchstimmung. Noch keine zwei Monate nach der Gründung fand die erste Jugendversammlung statt und schon im Februar 1972 gab es die erste Übungsstunde im Kreishallenbad Mutterstadt. Wenig später startete die „Aktion Christbaum“. Und seither sammelt die DLRG jedes Jahr die ausgedienten Christbäume gegen einen kleinen Obolus ein.
1972 wurde der DLRG am Baggersee am Neuhofener Altrhein für die Dauer von 50 Jahren ein 800 Quadratmeter großes Gelände kostenfrei für den Bau einer Rettungsstation zur Verfügung gestellt und 1974 eine Geschäftsstelle in der Ludwigstraße eröffnet.
Aus Teilen vom “Grüner Süden“ wurde die „Blaue Adria“
Landrat Dr. Becker-Marx hatte für das Naherholungsgebiet den Begriff „Grüner Süden“ geprägt, weil es südlich der Städte Mannheim und Ludwigshafen lag. Doch für Speyer war es ja der Norden. Und so kam es, dass der Heidelberger Zahnarzt Otto Braun, das an manchen Tagen tiefblau erscheinende Wasser mit der italienischen Adria verglich und offiziell den Namen „Blaue Adria“ kreierte und als erster Vorsitzender der „Interessengemeinschaft Blaue Adria“ fungierte.
Nachdem binnen zehn Jahren zehn Badeopfer gezählt wurden und niemand sagen konnte, wo genau sie ertranken, wurden auf Vorschlag von Schneider die Baggerseen mit Namen versehen. Und so gibt es seither den Karpfen-, Schwanen-, und Jägerweiher sowie als größte Gewässer die Baggerseen Neuhofener Altrhein und den Adriaweiher.
1976 konnte die DLRG Altrip eine in Eigenhilfe errichtete Rettungsstation im Karpfenzug einweihen. Der Verein musste allerdings einen regelrechten Kampf um einen Telefon- und Stromanschluss führen.
Über 600 Mitglieder, überwiegend Kinder und Jugendliche, wurden fünf Jahre nach der Vereinsgründung verzeichnet. Bei einem Rettungsschwimmwettbewerb nahmen 118 Teilnehmer aus 18 Gemeinden teil und 1981 konnte der Verein sein erstes Motorrettungsboot, den Rheinadler, in Dienst stellen. Das nächste Boot wurde sodann auf „Roischnook“ getauft.
Doch nicht nur am Wasser zeigte sich die DLRG präsent, sondern auch beim Fußballortsturnier des TuS Altrip, wo sie 1980 und 1981 Sieger wurde, oder beim Sommertagsumzug, beim Fischerfestumzug und der Straßenkerwe. Beliebt war auch das Pfingstzeltlager für Kinder und Jugendliche, das ab 1990 jahrelang durch Mathias Fiedler und Iris Oelschläger organisiert wurde.
Sogar Skifreizeiten sind in der Vereinschronik zu finden oder in Mutterstadt die Teilnahme an einem 24-Stunden-Schwimmen, bei dem Altrip mit 65 Teilnehmer die größte Gruppe stellte.
Wolfgang Schneider, der in seinen 23 Jahren als Vorsitzender nahezu 20 Jahre außerhalb wohnte, sorgte auch dafür, dass das Kulturelle nicht zu kurz kam. So organisierte er Fahrten nach Altrippe, nach Prüm und Himmerode, zu deren Eifelklöster Altrip nahezu 750 Jahre lang gehörte, sowie nach Hauterive (das einmal Alta Ripa hieß) im Schweizer Kanton Neuchâtel. Und er lud auch gerne zu auswärtigen Vorstandssitzungen ein.
Der Erfolg der Altriper DLRG liegt vor allem auch in der langjährigen Treue seiner Aktiven. So hat etwa Karl J. Geiberger, der Heinz Hauk altershalber als Technischer Leiter ablöste, Jahrzehnte auf dem Buckel und ebenso der mittlerweile zum Professor avancierte Dr. Mark Klemm, der sich Meriten im Funk- und Fernmeldewesen erworben hat und mit Sebastian Lelle immer wieder in der Hitliste der eifrigsten Wachgänger stand.
In den Anfangsjahren war die Kasse des Vereins stets klamm, denn die Jahresbeiträge betrugen für Erwachsene 9 Mark und für Kinder und Jugendliche 5 Mark, wovon der Ortsgruppe auch nur fünf beziehungsweise drei Mark verblieben. Trotzdem schaffte es die Kassenwartin Heidi Fiedler in ihren 15 Vorstandsjahren, stets einen ausgeglichenen Jahresabschluss vorzulegen, in dem sich stets erfreulicherweise viele Spenden befanden. Und die älteste Frau in der Ortsgruppe, Renate Blau, verköstigte jahrzehntelang die Helfer der Aktion Christbaum.
Neben Wolfgang Schneider, der 23 Jahre an der Spitze der Ortsgruppe stand und mittlerweile deren Ehrenvorsitzender ist, brachte es Gerhard Gunkel auf 17 und Sibylle Hagedorn auch schon auf zehn Vorstandsjahre.
(Wolfgang Schneider | 2021)
Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft
Ortsgruppe Altrip e.V.Internet: altrip.dlrg.de
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